Teil I: Ferienarbeit und Vertragsverlängerung
Hallo erstmal ein paar Infos zu meiner Person. Ich heiße Ali Ayhan, habe die Mittlere Reife und anschließend eine Lehre als Karosserie- und Fahrzeugbauer (extern) absolviert. Ich will hier meine Geschichte beim Daimler erzählen, ich dachte, ich müsse diese Geschichte einfach mit anderen Leuten bzw. Kollegen beim Daimler teilen. Einfach als Ansporn oder als eine kleine Kurzgeschichte wie man es auch nennen will.
Ich habe mich im Jahre 2000 als Ferienarbeiter beim Daimler beworben, ohne große Hoffnung eigentlich, dass ich eine positive Rückmeldung bekommen würde. Meiner Bewerbung ging eine zweimonatige Arbeitslosigkeit voraus die einer betriebsbedingten Kündigung meines vorherigen Arbeitgerbers folgte. Nun – ich wurde am 24.10.2000 zum Vorstellungsgespräch nach Sindelfingen eingeladen. In freudiger Erwartung ging ich hin und wurde zusammen mit zirka 60 anderen neuen Kollegen in einem großen Saal empfangen und einer kurzen Sicherheitsunterweisung unterzogen.
Nach erfolgter Unterweisung wurden wir nach dem Zufallsprinzip verteilt. Ich hoffte natürlich inständig, dass ich eine „Gute Arbeit“ bekommen würde. Die Reihen lichteten sich immer weiter und ich war immer noch keinem Bereich zugewiesen worden. Die Meister der verschiedenen Bereiche kamen und nahmen immer wieder ein paar Leute mit. Zum Schluss waren wir noch vier bis fünf Leute und keiner hatte uns ausgewählt – ich hoffte aber noch immer eine „Gute Arbeit“ zu bekommen. Was letztendlich daraus wurde ist Ansichtssache. Auf jeden Fall wurden wir dem Rohbau zugeteilt, was wie ich von anderen Kollegen hörte nicht die schlechteste Wahl sei. Der Rohbau ist gegenüber der Montage das wahre Paradies, hieß es.
Nun meine Ansichten vom Paradies waren eigentlich ganz anders, als ich das 1. Mal durch die riesige Rohbauhalle geführt wurde und die riesigen Roboterstraßen sah aus denen nach jedem Schweißvorgang die Funken durch die Luft geschleudert wurden. Gerüche von beißendem Qualm, heiße Bleche, der Lärm, die Hitze und die ganzen Kollegen mit den Ärmelschonern, Schutzbrillen, Ohrstöpseln in ihren Blaumännern – da kam mir der Vergleich zum Paradies nicht ganz passend vor.
Wie dem auch sei, mein erster Arbeitstag nahm Gestalt an. Ich wurde einem Paten übergeben der mich dann auch einlernte. Nach zwei Wochen wollte ich die Firma wieder verlassen – wenn mir diese Bemerkung gestattet sei. Es war einfach eine monotone Arbeit: ständig die gleichen Handgriffe, die gleichen Abläufe, ohne Abwechslung stur die Blechteile in die Magazine einlegen.
Die einzige Abwechslung war die stündliche Rotation, so dass ich mich Stunde um Stunde vorhangelte, dem Feierabend entgegen. Anders wäre es kaum zu schaffen gewesen, man muss sich immer kleine Rettungsinseln schaffen – von Station zu Station oder von Pause zu Pause. Wenn man die 8 Stunden am Stück bewältigen will, erscheinen sie einem schier unendlich.
Die Zeit verging trotzdem und mein dreimonatiger Arbeitsvertrag neigte sich dem Ende zu. Mittlerweile hatte ich mich aber an das Geschäft – so monoton es auch war – und an die Kollegen, mit denen ich viel Spaß hatte, gewöhnt und wollte eigentlich gar nicht mehr gehen, weil es doch nicht so schlecht war wie ich anfangs darüber gedacht hatte. Folglich war die wichtigste Frage, die sich uns Ferienarbeitern fortan stellte, ob es denn eine Verlängerung des Vertrages gäbe. Natürlich löcherte jeder den Meister damit und er sagte schon jedes Mal standardmäßig er wisse nichts!!! So ging das etwa bis cirka zwei Wochen vor dem Vertragsende. Ich fragte abermals den Meister ob er denn etwas gehört hätte bezüglich Arbeitsvertragsverlängerung und bekam wieder den Standardspruch zu hören „Ich weiß nichts“ – wobei ich für den Meister auch ein gewisses Maß an Verständnis aufbringe, denn wenn dich jeden Tag zehn Leute dasselbe fragen, krieg man ja auch die Krise!
Nun wollte ich mich mit dieser Aussage nicht zufrieden geben und beschloss, selbst im Personalbüro nachzufragen. Ich ließ mich vom Maschinenführer ablösen und ging schnurstracks in den Bau 1 ins Personalbüro zu dem zuständigen Personalbetreuer und fragte ob sie meinen Vertrag nicht verlängern könnten. Die Dame sagte mir dann, „ das OK müsste vom Meister kommen dann könnte sie noch zwei Leute verlängern für weitere zwei Jahre“. Ich sagte, dass ich mich drum kümmern werde und rannte sofort ins Meisterbüro, um ihn darüber zu informieren. Doch die gute Frau hatte in der Zwischenzeit schon bei Ihm angerufen und sich über mich informiert. Der Meister gab also sein OK und ich bekam meine zweijährige Verlängerung – was mich natürlich sehr sehr freute und mich auch stolz machte, denn ich dachte mir: so schlecht ist der Daimler gar nicht und wenn ich schon mal drin bin will ich eigentlich nicht mehr wieder raus.